Öffentlicher Personennahverkehr
Wer mich kennt weiß, dass ich ein verkappter Öko bin. Schon lange kaufe ich Fleisch von Tieren, die auf Weiden rumrennen konnten und nicht durch halb Europa zum schlachten gefahren wurden. Sowas ist natürlich deutlich teurer, aber ich kann nicht gegen Tierquälerei sein und dann ein Kilo Hack für 99 cent kaufen. Und wenn es gerade kein ordentlich gehaltenes Fleisch gibt, dann ess ich halt solange vegetarisch, tut auch nicht weh.
Aber was mich grundlegend immer noch stört: Ich nutze mein Auto viel zu oft. Und es ist zum Großteil nur Bequemlichkeit. Ja, der ÖPVN ist nicht super ausgebaut und meine meiste Fahrerei werde ich auch nicht mit Bus und Bahn abdecken können. Jeden Mittwoch fahre ich von Bochum nach Münster ins Büro und gehe abends noch zum PnP Abend. Vor allem letzteres ist der Haken, weil ich so schon erst zwischen 23 und 24 Uhr nach Hause komme. Mit der Bahn - falls es überhaupt eine brauchbare Verbindung gibt - wäre es deutlich länger und ich wäre am nächsten Tag komplett tot. Aber auch innerhalb von Bochum, zum Training und Einkaufen, fahre ich mit meinem Auto. Gestern zwei Sachen beim Einkauf vergessen? Na da fahre ich doch eben nochmal!
Da ich momentan mein Leben versuche ein wenig umzukrämpeln, wollte ich auch versuchen, wenigstens in Bochum mein Auto stehen zu lassen, außer die Verbindung ist wirklich unterirdisch schlecht oder ich muss mehr transportieren. Also einfach mal bei Bogestra reingeschaut, wie die Preise so sind. Mein erster Gedanke war ein Ticket 1000 - in den Bus steigen, piepsen, keine weiteren Gedanken. Aber nur um in Bochum zu fahren kostet das bereits 70-80 Euro. Es hat ein paar Tage gedauert, bis mir aufgefallen ist, dass das höchstwahrscheinlich teurer ist als Zehnerkarten zu nutzen. Im VRR gibt es Kurzstrecken- und reguläre Tickets. Mit den Kurzstreckentickets kommt man nur drei Haltestellen weit, kosten aber bereits 1,40€ pro Fahrt. Alles darüber hinaus kostet 2,26€ und hat noch einen netten Clou: Rückfahrten sind nicht erlaubt. Also selbst wenn ich es zeitlich schaffen würde, in den 90 Minuten einkaufen zu fahren, bräuchte ich für die Rückstrecke ein weiteres Ticket. Wenn ich trainieren gehe sowieso, das wäre in der Zeit nicht möglich. Wenn ich also mindestens zwei Mal in der Woche zum McFit fahre, bin ich bereits bei 9,02€ jede Woche. Die ganzen Preise für die Fahrten beziehen sich auf 10er Tickets, also so günstig man sie bekommen kann. Darauf kommt dann noch die Fahrzeit von rund einer halben Stunde pro Strecke. Zum Vergleich: Mit dem Auto kostet es mich - inklusive Abnutzung - etwa 4€ die Woche, ich brauche nur die halbe Fahrzeit und ich muss nichtmal 50 Meter gehen.
Es ist kein Wunder, dass die Verkehrswende ausbleibt. Ich würde echt gerne mein Auto stehen lassen, aber man wird an allen Ecken und Enden dafür bestraft, den ÖPVN zu nutzen. Außer dem Gewissen gibt es null Anreiz dafür, das Auto stehen zu lassen. Und solange die Politik den öffentlichen Nahverkehr nicht als das sieht, was er ist - grundlegende Infrastruktur - und ihn dementsprechend fördert, wird sich das nicht ändern. Natürlich kann man Spritpreise in den Himmel treiben aber so bekommt man die Bürger nicht dazu, Busse und Bahnen zu mögen. Nicht das Autofahren muss unattraktiv sondern der öffentliche Nahverkehr muss attraktiv gemacht werden. Dennoch werde ich mindestens diesen Monat versuchen, das Auto stehen zu lassen.